Highlights
Wie bereits in den vergangenen Jahren hat die ärztliche Weiterbildungs- und Fortbildungsreform das SIWF auch im Jahr 2023 stark beschäftigt. Unser Institut konnte aber auch mit einigen Highlights aufwarten. Dazu gehörte sicherlich der Besuch von Professor Graham McMahon, Chef der amerikanischen Akkreditierungsbehörde ACCME, der uns das amerikanische System der ärztlichen Fortbildung in Bezug auf die Einführung der kompetenzbasierten Bildung und der Entrustable Professional Activities (EPAs) näherbrachte.
An der ersten Konferenz zur Modernisierung der ärztlichen Weiterbildung im April 2023 waren wir von der Union Européenne des Médecins Spécialistes (UEMS) als Experten eingeladen und konnten unsere Reform in Bezug auf die Einführung der kompetenzbasierten Bildung und der EPAs vorstellen. Die internationale Vernetzung im Rahmen der Bildungsreform und in der kompetenzbasierten medizinischen Bildung konnte intensiviert werden.
Wiederum stattgefunden hatte 2023 das MedEd-Symposium, das sein 10-Jahr-Jubiläum feierte und Gelegenheit bot, auf die Entwicklung der ärztlichen Bildung zurückzublicken und Erkenntnisse und Visionen für die Zukunft zu formulieren.
Und es gab 2023 auch Erfolge zu verzeichnen. Ein Zwischenerfolg wurde bei der Akkreditierung 2025 erzielt. So konnte das SIWF die Standards mitentwickeln, einen Grossteil der Selbstevaluationsberichte für die Fachgesellschaften vorbereiten und damit das Akkreditierungsgesuch und alle 45 Selbstevaluationsberichte rechtzeitig bei der Akkreditierungsinstanz einreichen.
Mit 1927 erteilten Facharzttiteln wurde 2023 die Rekordmarke des Vorjahres nur knapp nicht erreicht, was insbesondere deshalb überraschte, weil nach den rekordhohen vergangenen drei Jahren mit einer Korrektur nach unten gerechnet werden musste.
Zwischenerfolg bei der Akkreditierung 2025
Das Medizinalberufegesetz (MedBG) enthält eine Akkreditierungspflicht für Weiterbildungsgänge, die zu einem eidgenössischen Weiterbildungstitel führen (Humanmedizin, Zahnmedizin, Chiropraktik und Pharmazie). Die im letzten Zyklus erteilten Akkreditierungen werden 2025 ihre Gültigkeit verlieren. Das SIWF konnte mit Vertreterinnen und Vertretern des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) und der für die Akkreditierung zuständigen Agentur für Akkreditierung und Qualitätssicherung (AAQ) die Standards mitentwickeln. Das SIWF konnte einen Grossteil der Selbstevaluationsberichte für die Fachgesellschaften vorbereiten und unterstützte diese in der definitiven Erstellung der Berichte. Dank dieser engen Zusammenarbeit zwischen Vertreterinnen und Vertretern des SIWF und der Fachgesellschaften konnten wir das Akkreditierungsgesuch und alle 45 Selbstevaluationsberichte rechtzeitig bei der Akkreditierungsinstanz (BAG) einreichen. Eine von der AAQ zusammengestellte Expertengruppe beurteilte die Arbeit des SIWF als gut und äusserte sich zur Reform der ärztlichen Weiterbildung wie folgt: «… Mit der Umstellung der Weiterbildung auf ein kompetenzbasiertes System mit EPAs [Entrustable Professional Activities] hat sich das SIWF einem Grossprojekt angenommen. Ein mutiger Schritt, welcher klar zu begrüssen ist. Hier wurde viel Kommunikationsarbeit geleistet und es besteht eine Vision; die Grundsteine für die Reform sind also gelegt …» Es wurde aber auch angemerkt, dass noch viel Arbeit vor uns liegt.
Allen Beteiligten der Fachgesellschaften, des BAG, der AAQ und des SIWF sei an dieser Stelle herzlich für die konstruktive und gute Zusammenarbeit gedankt.
Wie geht es weiter?
In der jetzt aktuellen Phase der externen Evaluation der Weiterbildungsgänge wird die AAQ virtuelle Roundtables mit den Fachgesellschaften und einem Gutachtendenteam organisieren und durchführen. Die Akkreditierung endet mit dem Entscheid der Vorsteherin des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) im August 2025.
Besuch von Dr. Graham McMahon
Im Rahmen der Plenarversammlung des SIWF stand der Nachmittag ganz im Zeichen der ärztlichen Weiter- und Fortbildungsreform. Als Gastreferenten konnten wir Dr. Graham McMahon begrüssen, Chef und CEO der amerikanischen Akkreditierungsbehörde ACCME (Accreditation Council for Continuing Medical Education). Graham McMahon, von Hause aus Endokrinologe, ist seit 2015 Präsident der ACCME. Zuvor war er als Associate Professor an der Harvard Medical School tätig.
Die ACCME hat folgendes strategisches Ziel: «Transforming education to improve health». Frei übersetzt nach den Worten des Councils soll durch den Einfluss auf die Fortbildung letztlich die Qualität der Patientenbehandlung gestärkt werden. Dabei werden nicht einfach Veranstaltungen akkreditiert, sondern die Veranstalter selbst, die dann über eine definierte Zeitperiode direkt Credits an Veranstaltungen vergeben dürfen. Es besteht keinerlei Verbindung zur Pharmaindustrie – im Gegenteil, diese wird bewusst auf Distanz gehalten.
Das System in den USA funktioniert nicht wie bei uns im Sinne von «beurteilen und genehmigen», sondern nach «vertrauen und überprüfen» – ein an sich komplett differenter Ansatz.
Besonders hervorzuheben ist sicher auch, dass nicht nur Fortbildungsanbieter im ärztlichen Bereich akkreditiert werden, sondern auch zahlreiche andere Gesundheitsberufe (Pflege, Pharmazeuten, Optiker usw.) – in diesem Sinne wird auch in der Fortbildung Interprofessionalität gelebt.
Im Zuge der Reform unserer ärztlichen Weiterbildung werden wir auch den Bereich der Fortbildung in Zukunft unter die Lupe nehmen und den veränderten Anforderungen anpassen.
Internationales
Das SIWF vertritt seit mehreren Jahren auf Mandat der FMH die Schweizer Ärzteschaft in der Union Européenne des Médecins Spécialistes (UEMS). Die UEMS ist die älteste medizinische Organisation in Europa und feierte 2018 ihr 60-jähriges Bestehen. Mit Mitgliedern aus 41 Ländern ist sie die repräsentative Organisation der nationalen Facharztverbände in der Europäischen Union und den assoziierten Ländern. Die UEMS besteht aus einem Rat, der für 43 Fachsektionen und ihre europäischen Vorstände verantwortlich ist und mit ihnen zusammenarbeitet. Sie befassen sich mit der Weiterbildung in ihrem jeweiligen Fachgebiet und schliessen Vertreterinnen und Vertreter aus dem akademischen Bereich (Gesellschaften, Colleges und Universitäten) ein. Die Schweizer Ärzteschaft ist (erstaunlicherweise) Vollmitglied und hat in den letzten zwei Jahren starkes Interesse erhalten durch unsere Reform der ärztlichen Weiterbildung. Zusammen mit den Niederlanden und Finnland, das aber nicht so weit ist wie die Schweiz, sind wir die drei Vorzeigeländer in Bezug auf die Einführung der kompetenzbasierten Bildung und der Entrustable Professional Activities (EPAs). An der ersten Konferenz zur Modernisierung der ärztlichen Weiterbildung im April 2023 waren wir als Experten eingeladen und konnten unsere Reform vorstellen. In der Pressemitteilung deklarierte die UEMS ihren Willen zu einer Modernisierung mit Hilfe der kompetenzbasierten Bildung und der Einführung von EPAs.
Die internationale Vernetzung im Rahmen der Bildungsreform konnte nicht nur auf der mehr politischen und strategischen europäischen Ebene intensiviert werden. Ebenso konnten wir die Verbindungen mit dem internationalen Netzwerk der Experten und Expertinnen in der kompetenzbasierten medizinischen Bildung (ICBME) verstärken. Das SIWF war an der Vorbereitung des ersten Symposiums «MedEd on the Edge» beteiligt, das im Oktober 2023 am Karolinska-Institut und dem gleichnamigen Spital in Stockholm stattfand und die internationalen Kontakte weiter verstärkte.
10. MedEd-Symposium
Am 13. September 2023 veranstaltete das SIWF im Casino in Bern zum zehnten Mal das MedEd-Symposium. Das 10-Jahr-Jubiläum bot Gelegenheit, auf die Entwicklung der ärztlichen Bildung zurückzublicken und Erkenntnisse und Visionen für die Zukunft zu formulieren. Die Teilnehmenden erfuhren von Dr. med. Raphaël Bonvin, welche Innovationen die medizinische Ausbildung geprägt haben und wie sie sich auf die Weiterbildung auswirken. Aus theoretischer Sicht wurde zudem ein interessanter Einblick in die Hirnforschung gewährt: Der Neuropsychologe Prof. Dr. rer. nat. Lutz Jäncke stellte die Frage, ob das Gehirn für die zukünftige Kommunikation bereit sei. Vom Standpunkt der klinischen Ethik berichtete Prof. Dr. med. Tanja Krones gemeinsam mit Dr.sc. med. Settimio Monteverde, PhD, über das Quiet Quitting, jene Arbeitshaltung, die darin besteht, nicht mehr zu leisten, als vertraglich verlangt wird. Ein weiterer Schwerpunkt der Tagung betraf die Patient Safety, beleuchtet durch PD Dr. med. Sven Staender, Anästhesist und Intensivmediziner, der massgeblich an der Entwicklung des CIRS (Critical Incidence Reporting System) beteiligt war. Wie in den Vorjahren wurden die Vorträge um interaktive Workshops ergänzt, die sehr gut besucht wurden.
Wir freuen uns, auf zehn erfolgreiche Jahre MedEd-Symposium zurückblicken zu dürfen: Die Zahl von etwas mehr als 200 Teilnehmenden ist kontinuierlich hoch geblieben. Besonders erwähnenswert: Der Netzwerk-Gedanke der Veranstaltung wird gelebt, und viele der Teilnehmenden sind von Jahr zu Jahr wieder dabei.
1927 erteilte Facharzttitel
Im Berichtsjahr hat das SIWF mit 1927 erteilten Facharzttiteln knapp die Rekordmarke des Vorjahres um einen einzigen Titel nicht erreicht. Dieses Ergebnis überrascht insbesondere deshalb, weil nach den rekordhohen Jahren 2020, 2021 und 2022 mit einer Korrektur nach unten gerechnet werden musste. Dass diese Marke gehalten wurde, obschon der Bereich «Diplome» drei Mitarbeitende weniger als im Vorjahr zählte, gebührt dem unermüdlichen Einsatz aller Mitarbeitenden und der guten Organisation des Bereichs.